Baltikum Connect

Vom 21. bis zum 28. September 2024 machten wir, Mitglieder des Studierendenforums und des
Tönissteiner Kreises, uns auf nach Litauen. Unser Ziel war Vilnius, eine Stadt, die aufgrund ihrer
geopolitischen Lage und ihres enormen Innovationspotentials unser Interesse geweckt hatte.
Die Idee des Projektes geht zurück auf das Aufnahmekolloquium des Studierendenforum im
Tönissteiner Kreis e.V. im Herbst 2023, währenddessen sich eine Gruppe Neuaufgenommener
zusammenfand, die gemeinsam das Baltikum entdecken wollte. Konkret setzte sich das Projekt aus zwei
Elementen zusammen: einer Reise und einer Webtalk-Reihe, die in den Monaten vor dem Aufbruch eine
erste inhaltliche Vorbereitung gewährleisten sollte.
Zwischen März und Juli 2024 luden wir auf diese Weise Expertinnen und Experten aus
unterschiedlichen Bereichen ein, um einen Einblick in die aktuelle Sicherheitslage im Baltikum, die
Beziehung zu Russland, sowie die Sprachpolitik zu erhalten. Mit Alexey Yusupov und Brigadegeneral
a.D. Dr. Klaus Wittmann hatten wir das Glück, gleich zwei Tönissteiner zu gewinnen und Prof. Dr. Inga
Hilbig konnten wir sogar noch einmal vor Ort in Vilnius treffen. Ein absolutes Highlight war allerdings
das Gespräch mit Christian Heldt, dem damaligen deutschen Botschafter in Lettland. Die Webtalks
ermöglichten uns, bereits ein erstes Gefühl für zentrale Themen zu bekommen, die die Menschen im
Baltikum und speziell auch in Litauen umtreiben und mit diesen Informationen im Gepäck begann Mitte
September schließlich der zweite Teil unseres Projektes.
Erste Station der Reise war Warschau, wo wir unsere Partnerorganisation YPIN bei ihrem Jahrestreffen
besuchten, um den deutsch-polnischen Austausch zu fördern und gemeinsame Projekte zu planen. Die
abendliche Gala war ein wunderbarer Auftakt und wir bedanken uns ganz herzlich bei unseren
polnischen Partnern für die Einladung.


Am nächsten Morgen ging es für uns weiter nach Vilnius, wobei schon die Busfahrt durch den
strategisch wichtigen Suwałki-Korridor interessante geopolitische Fragestellungen aufbrachte. Direkt
auf diesem schmalen Grat zwischen Polen und Litauen unterwegs zu sein, die russische Exklave
Kaliningrad auf der einen und Belarus auf der anderen Seite, war schon für sich genommen ein
denkwürdiges Erlebnis. Gleichzeitig stimmte es uns auf die kommenden Tage in Litauen ein, da der
Gedanke an den Krieg in der Ukraine dort überall noch viel präsenter ist als in Deutschland. Kein
öffentliches Gebäude, an dem nicht ukrainische neben litauischen Flaggen hängen, kein Bus, der in
seiner elektronischen Anzeigetafel nicht Solidarität mit der Ukraine zum Ausdruck bringt. In vielen
Gesprächen, darunter auch mit einem litauischen Parlamentarier und dem Gründer der NGO
BlueYellow, wurde schnell deutlich: die uneingeschränkte Unterstützung der Ukraine in ihrem Kampf
gegen Russland ist parteiübergreifender Konsens, an dem nicht gerüttelt wird.
Davon abgesehen erwartete uns noch eine ganze Bandbreite weiterer Themen, die wir in einem dichten
und abwechslungsreichen Programm zusammengestellt hatten. Den Beginn machten ein Besuch in der
Deutschen Botschaft und eine Stadtführung, mit denen wir einen ersten Rundumschlag in den Bereichen
deutsch-litauische Beziehungen, Sicherheit und Geschichte erzielten. Noch tiefer in die litauische
Vergangenheit tauchten wir an den folgenden Tagen durch einen Museumsbesuch sowie Vorträge der
Historikerin Dr. Monika Rogers und des Militärhistorikers Dr. Kęstutis Kilinskas ein. Vom Ende des
Großreiches Polen-Litauen bis hin zum Trauma der sowjetischen Besatzung und dem Beitritt in die EU
halfen uns diese historischen Perspektiven, die gegenwärtige Mentalität und das Selbstverständnis des
Landes besser zu verstehen.
Ein besonderes Treffen war ferner die Begegnung mit Vertreter:innen des litauischen DAADAlumnivereins
und der Konrad-Adenauer-Stiftung, die uns von ihrer Zeit in Deutschland, aber auch den
bevorstehenden Parlamentswahlen erzählten. Zu wirtschaftlichen Fragen tauschten wir uns aus mit der
Leiterin des litauischen Büros der Deutsch-Baltischen Handelskammer sowie Mitarbeitenden bei Create
Lithuania und dem Startup GovTech Lab, die Innovationen und Digitalisierung im öffentlichen Sektor
vorantreiben. Hierbei kam immer wieder der Wettbewerb mit den beiden baltischen Nachbarn zur
Sprache, der Litauen zu immer neuen Investitionen und ambitionierten Plänen in Sachen Energiewende,
Digitalisierung oder Mobilität anspornt.
Ein weiterer wichtiger Programmpunkt war der Besuch des NATO Energy Security Centre of
Excellence, welcher uns wertvolle Einblicke in die energiepolitischen und militärischen
Herausforderungen der Region gab. Den Abschluss bildete schließlich ein Empfang im Taiwanese
Representative Office, das eine besondere Rolle in Litauens Außenpolitik spielt. Beide Besuche sind ein
gutes Beispiel dafür, welche Türen und einmaligen Chancen die Projektarbeit des Studierendenforums
eröffnen kann, die sich sonst überhaupt nicht ergeben würden.
Neben dem inhaltlichen Programm durften natürlich auch nicht die kulturellen Aspekte fehlen, denen
wir uns vor allem auf kulinarischer und musikalischer Ebene näherten. Ein großes Dankeschön geht an
dieser Stelle an Jan Dachs aus dem Organisationsteam, dessen Tipps und Erfahrungen aus seinem
Auslandssemester in Vilnius von unschätzbarem Wert für uns waren.
Litauen hat uns vor allem durch seine Technologieaffinität, den Zusammenhalt seiner Bevölkerung und
seine klare pro-europäische Haltung beeindruckt. Trotz der geopolitischen Spannungen mit den
Nachbarländern Belarus und Russland zeigt das Land eine bewundernswerte Standfestigkeit und
Optimismus.
Rückblickend auf die zehn Monate intensiver Planung sind wir stolz darauf, dass das Projekt erfolgreich
umgesetzt und mit dem Tönissteiner Preis ausgezeichnet wurde. Ein herzliches Dankeschön an alle, die
es möglich gemacht haben! Allen voran an Pauline Geyer, die die Reise von Anfang bis Ende
maßgeblich getragen hat sowie die anderen Mitglieder des Projektes (Ann-Kristin Knoll, Jan Dachs,
Angelina Schülke, Daniel Rohrbach und Sidney Gregor-Wielan) und unsere Teilnehmer:innen, die mit
Engagement und Interesse zum Erfolg dieser Reise beigetragen haben.
Wir freuen uns auf den kommenden Austausch mit dem Baltikum, da wir als Verein nun Teil des
GBYEN-Netzwerks sind. Das German-Baltic Youth Exchange Network (GBYEN) ist eine inklusive
Plattform, die interdisziplinäre Aktivitäten fördert und Organisationen sowie Institutionen vernetzt, die
den Jugendaustausch unterstützten. Es ist uns eine Ehre und Freude, in Zukunft dazu beizutragen.