Haupt- und Realschüler international

HauRein 2011

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Konferenz „Haupt- und Realschüler International“

Hau rein Konferenz 1Am 25. Februar fand in Berlin nach langer Vorarbeit die Konferenz „Haupt- und Realschüler International“ statt, die wir mit Unterstützung durch den Tönissteiner Kreis, die Stiftung Mercator und den DIHK ausrichteten. Lehrer, Schüler und Vertreter von Austauschorganisationen und anderer Initiativen, die sich der Förderung von Haupt- und Realschülern angenommen haben, kamen zusammen, um Formate zur Förderung der Internationalität dieser Zielgruppe zu diskutieren. Zudem wurden Möglichkeiten erarbeitet, Angebote umzusetzen und zu etablieren.

Neben den Geschäftsführern und Mitarbeitern einiger großer Austauschorganisationen (u. a. YfU, AFS, ASF, Experiment), diskutierten unter anderem auch Mitglieder des Realschullehrerverbands, Vertreter der Hertie-Stiftung, der Kreuzberger Kinderstiftung und der Stiftung Mercator über die Zukunft der Angebote an Auslandsaufenthalten und internationalen Begegnungen für Haupt- und Realschüler.

Die Teilnehmer stimmten darüber ein, dass Auslandsaufenthalte und internationale Begegnungen einen wichtigen Bestandteil der Förderung von Haupt- und Realschülern darstellen. Sie vermitteln den Schülern nicht nur Sprachkenntnisse und soziale Kompetenzen, sondern verleihen ihnen auch Selbstbewusstsein und das Vertrauen, ein leistungsfähiges Mitglied der Gesellschaft zu sein. Gerade bei Überbrückungszeiten zwischen Schulabschluss und Beginn einer Ausbildung können Auslandsaufenthalte eine Möglichkeit bieten, diese Zeit gewinnbringend zu nutzen. Insgesamt trägt die Förderung der Internationalität von Haupt- und Realschülern zu einer größeren Bildungsgerechtigkeit bei.

Derzeit nehmen im Vergleich zu Gymnasiasten allerdings nur extrem wenige Schüler dieser Schulformen, insbesondere Hauptschüler, an derartigen Programmen teil, obwohl laut einer Forsa-Umfrage von AFS aus dem Jahre 2008 bei dieser Schülergruppe ein ebenso großes Interesse an Auslandsaufenthalten wie bei Gymnasiasten besteht.

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Auf der Konferenz wurden verschiedene bereits bestehende Programme, die sich speziell an Haupt- und Realschüler richten, vorgestellt. So bietet zum Beispiel die Kreuzberger Kinderstiftung Stipendien für Realschüler in Ostdeutschland für Auslandsschuljahre an, die durch die Organisationen ASF, Experiment und YfU durchgeführt werden. Experiment bietet desweiteren Schülern von Förder-, Haupt- und Realschulen die Möglichkeit eines zweiwöchigen Freiwilligendienstes in Irland. Zudem gibt es an manchen integrierten Sekundarschulen in Berlin im Rahmen des dualen Lernens verstärkt Bestrebungen, Schülern die Möglichkeit zu eröffnen, Auslandspraktika zu absolvieren. Auch intensiv betriebene Schulpartnerschaften vereinzelter Schulen bieten Möglichkeiten für Kurzzeitaufenthalte.

Der Erfolg solcher und ähnlicher Initiativen hängt entscheidend davon ab, ob Schüler und Eltern erreicht werden und unnötige Ängste, Misstrauen und falsche Vorurteile abgebaut werden können. Dafür ist sowohl der persönliche Kontakt, eine intensive Vorbereitung und Begleitung erforderlich, als auch eine breitere Akzeptanz in der Öffentlichkeit bezüglich der Wichtigkeit internationaler Erfahrungen auch für Haupt- und Realschüler. Kooperationen zwischen Schulen und Austauschorganisationen und anderen Initiativen sind in diesem Kontext von Bedeutung, ebenso die Rolle der Wirtschaft und der Ausbildungsbetriebe. Neben dem klassischen Austauschschuljahr können Kurzzeitprogramme eine wichtige Rolle spielen, um Schülern bestehende Ängste zu nehmen und bei ihnen das Interesse an internationalen Erfahrungen zu wecken. Neben einer stärkeren Akzeptanz und Unterstützung des Umfelds und Öffentlichkeitsarbeit können auch neue Formate einen Lösungsansatz bieten.

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Rahmenbedingungen, die den Schülern einen Auslandsaufenthalt erschweren bzw. diesen gar verhindern, stellten einen weiteren wichtigen Diskussionspunkt dar. Probleme gibt es bei Austauschschuljahren zum Beispiel mit Visabestimmungen, die es Schülern nach der mittleren Reife den Aufenthalt in bestimmten Ländern fast unmöglich machen. Auslands-BAFöG gibt es für diese Schülergruppe ebenfalls nicht, da sie die Schule mit der mittleren Reife offiziell beenden. Auch die Ausbildungsplatzsuche gestaltet sich aus dem Ausland oft unmöglich. Eine größere Unterstützung von Betrieben in diesem Bereich wäre wünschenswert. Ein Vorschlagsmodell hält Betriebe dazu an, einen Ausbildungsplatz für das darauffolgende Jahr zu versprechen, sollte ein Auszubildender vorab ein Auslandsjahr absolvieren wollen. Bei der Stipendienvergabe treten erneut Probleme für Kinder von Hartz-IV-Empfängern auf.

In Bezug auf die Anpassung bereits bestehender Programme stellt vor allen Dingen das Auswahlverfahren ein Problem dar: Die Erfahrung zeigt, dass Schüler der Haupt- und Realschulen häufiger eine geringere kommunikative Kompetenz aufweisen, die in den derzeitigen Auswahlverfahren das Abschneiden eines Schülers wesentlich beeinflusst. Wenn Schüler aller Schulformen in demselben Auswahlverfahren miteinander konkurrieren, kann dies zum Nachteil der Zielgruppe geschehen. Quoten können Abhilfe schaffen.

Insgesamt zeigte die Konferenz, dass von allen Seiten Interesse daran besteht, die Angebote an Auslandsaufenthalten für Haupt- und Realschüler zu verbessern: sei es durch gezielte Stipendien, Förderprogramme, durch Anpassung der bestehenden Programme oder durch die Schaffung neuer Formate. Jetzt gilt es vor allem, das Selbstvertrauen der Haupt- und Realschüler zu stärken, ihr Interesse an Auslandsaufenthalten zu wecken und eine effiziente Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit zu leisten. Während der Tagung wurden bereits vielfältige Möglichkeiten der verstärkten Kooperation diskutiert und teilweise vereinbart. Das Projektteam erarbeitet derzeit einen Bericht über die Ergebnisse der Konferenz, der an Entscheidungsträger und in diesem Bereich tätige Akteure versandt werden soll.

Wir danken allen Unterstützern und Teilnehmern, die diesen Erfolg möglich gemacht haben.

Hier findet ihr das Programm der Konferenz (Stand: 23. Februar 2011) und den Konferenzbericht.
Hier findet ihr Berichte über die Konferenz in der Presse: Bildungspolitische Umschau und AFS Horizonte

Unsere Vision

Wir wollen mit unserem Projekt „Haupt- und Realschüler International“ dazu beitragen, dass sich auch Haupt- und Realschülern Möglichkeiten eröffnen, wertvolle Erfahrungen und Fähigkeiten durch Auslandsaufenthalte zu sammeln und Teil der sich immer stärker vernetzenden globalen Gesellschaft zu werden.

Hier findet ihr unsere Broschüre (Stand: 10. September 2010).

Das Projekt

Die zwei Kernbereiche unseres gegenwärtigen Engagements sind einerseits das Pilotprojekt „Future Heroes“, begleitet von Teach First Deutschland Fellow Christina Lagemann, und andererseits die Entwicklung geeigneter Formate für Auslandsaufenthalte, die Diskussion von Möglichkeiten der Institutionalisierung und die Vernetzung der Akteure auf einer Konferenz am 25. Februar in Berlin.

Im Herbst 2009 wurde „Hau rein!“ als Nachfolgeprojekt des früheren „HARI“ neugegründet. Mehr Informationen zum Vorgängerprojekt findet ihr hier.

Das Pilotprojekt „Future Heroes“

Das Projekt „Future Heroes“ wurde Anfang Oktober 2010 erfolgreich durchgeführt. Wir haben Christina Lagemann in der Vorbereitung dieses Projektes begleitet und es finanziell unterstützt. Sechs SchülerInnen einer integrierten Hauptschule aus Berlin Buch (Hufeland-Oberschule) planten unter der Anleitung von Christina Lagemann, einer Teach First Fellow, einen fünftägigen Austausch mit acht SchülerInnen einer Partnerschule aus London (Archbishop Lanfranc School). Im Zentrum des Auslandsaufenthaltes stand ein binationales Filmprojekt zum Thema „Find out what you want! Find out how you get there!“. Die berliner SchülerInnen haben sich im Austausch mit den englischen SchülerInnen im Rahmen des Filmdrehens intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt und konnten sich so auch über konkrete nächste Schritte auf dem Weg zu ihrer eignen Zukunftsvision bewusst werden.

Das Projekt „Future Heroes“ besitzt beispielhaften Charakter für die Gestaltung eines Auslandsaufenthaltes von SchülerInnen aus Haupt- und Realschulen: Es verknüpft eine kurze Studienreise mit einer praktischen Tätigkeit und fördert die SchülerInnen sowohl in der Erweiterung ihrer Sprachkenntnisse als auch in der Stärkung ihrer sozialen und interkulturellen Kompetenzen. Weiterhin erlernen sie einen kreativen und produktiven Umgang mit Medien und werden nach Beenden des Projektes das Gefühl haben, tatsächlich etwas geschafft zu haben und gestärkt den Aufgaben der Zukunft entgegensehen. Das Projekt ist somit exakt auf die in unseren Umfragen erhobenen Ansprüche und Bedürfnisse von Jugendlichen aus dieser Schulform abgestimmt. Die HauptschülerInnen sollen nach ihrem Projekt den in Kooperation mit britischen Jugendlichen entstandenen Film im Austausch mit Gleichaltrigen in Schulen, Jugendzentren und im Internet präsentieren. So werden sie trotz schwieriger Startbedingungen selbstbewusster in die Zukunft blicken.

Die während der Drehtage in Lodon entstandenen Filmszenen werden derzeit bearbeitet und Ausschnitte auf der Konferenz am 25. Februar 2011 präsentiert.

Hintergrund

Eines der Hauptanliegen des Tönissteiner Kreises ist die Förderung der Internationalität in Deutschland. In den letzten Jahren hat sich auf diesem Gebiet viel getan, so dass Auslandserfahrungen oft schon in der Schule, bei vielen aber spätestens im Studium realisiert werden können. Leider sind diese fruchtbaren Aufenthalte in der Regel hauptsächlich Gymnasiasten bzw. späteren Akademikern zugänglich. Haupt- und Realschüler sind von diesen Erfahrungen größtenteils ausgeschlossen.

Dies ist nicht nur vor dem Hintergrund des wichtigen Ziels der Völkerverständigung, die idealerweise alle Bevölkerungsgruppen durchdringen sollte, außerordentlich bedauerlich. Ebenso ist die mangelnde Ausschöpfung geistiger Potentiale für unsere Gesellschaft zu beklagen. Offenheit für Neues, Ausbruch aus gewohnten Denkstrukturen, Entwicklung neuer Betrachtungsweisen und andere Tugenden, die sich aus Erfahrungen eines Auslandsaufenthaltes entwickeln können, sollten nicht nur Akademikern vorbehalten sein. Neben der Persönlichkeitsentwicklung, die durch Auslandsaufenthalte entschieden gefördert wird, bestehen auch pragmatische Gründe, um Auslandsaufenthalte von Haupt- und Realschülern zu fördern: Gute Fremdsprachenkenntnisse erhalten in vielen Lehrberufen, besonders im Dienstleistungsbereich, eine zunehmende Bedeutung und bereiten die Jugend auf ein Leben in einer globalisierten Welt vor.

Projektteam „Hau rein!“

Sophie de Belsunce: s.de.belsunce[at]toenissteiner-studentenforum.de

Liesa Brauer: l.brauer[at]toenissteiner-studentenforum.de

Nora Heinzelmann (Finanzen): n.heinzelmann[at]toenissteiner-studentenforum.de

Nele Weßels (Projektleitung): n.wessels[at]toenissteiner-studentenforum.de

Projektteam Hau rein