Junge Perspektiven in der Entwicklungszusammenarbeit

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Klimaflucht und ihre Folgen – Entwicklung von Lösungsstrategien

Entwicklungspolitische Debatten in Deutschland werden allzu häufig einseitig geführt; die Perspektive der jungen Generation wird außer Acht gelassen, obwohl gerade wir viele der heutigen Entscheidungen mittragen werden. Wir möchten daher in einem Wochenendseminar im November in Berlin gemeinschaftlich mit Studierenden aus dem globalen “Süden” wie “Norden” ein Problem diskutieren, was besonders folgenreich für unsere Generation sein wird: die Klimaflucht.

Die Zielgruppe für dieses Projekt sind deutsche Studierende sowie DAAD-Austauschstudierende, die aus von Klimaflucht betroffenen Gebieten stammen. In einem Wochenendseminar im November 2011 in Berlin in den Räumen der DGAP sollen die insgesamt 20 Teilnehmenden mit ExpertInnen aus Politik, technischer Entwicklungszusammenarbeit (EZ), (Privat-) Wirtschaft und Zivilgesellschaft zusammenkommen. In einem ersten Schritt informieren sie sich über Gründe, Auswirkungen und längerfristigen Folgen der Klimaflucht und mögliche Interventionen. Danach werden diese Lösungsansätze diskutiert und kritisch hinterfragt. Abschließend sollen die Lösungsansätze aus den drei Bereichen staatlicher EZ, Wirtschaft und Zivilgesellschaft weiterentwickelt oder völlig neue, innovative Konzepte erstellt werden um Perspektiven zum eigenverantwortlichen Handeln aufzudecken.
Nach dem Seminar sollen die Teilnehmenden: Expertise bezüglich des Themas Klimaflucht erlangt haben, ihr Wissen in ihr Umfeld als Multiplikatoren weitertragen können, Kontakte zu anderen interessierten Studierenden wie ExpertInnen geknüpft haben, motiviert sein, sich weiter mit dem Thema auseinanderzusetzen und für Problemlösungen auf individueller sowie gesellschaftlicher Ebene einzusetzen. Ein Thesenpapier, welches während des Wochenendes begonnen und danach fertig erstellt wird, soll Entscheidungsträgern aus Politik und Wirtschaft vorgelegt werden, um ihnen einen Einblick in die junge Perspektive in der EZ zu ermöglichen und innovative Vorschläge zu unterbreiten.

Hintergrund

Migrationsbewegungen aufgrund von klimatischen Bedingungen und Veränderungen gibt es seit Menschengedenken. Durch die globalen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte, die als “Klimawandel” bekannt geworden sind, hat auch die Anzahl der Menschen zugenommen, die wegen widriger Umweltbedingungen ihr Zuhause aufgeben und einen neuen Lebensraum suchen – die “Klimaflüchtlinge”. Die meisten von ihnen bleiben innerhalb der Landesgrenzen und sind somit den Internal Displaced Persons zuzuordnen. Mit Fortschreiten des Klimawandels sind dort größere humanitäre Krisen zu erwarten: beschleunigte Urbanisierung und die damit dramatisch ansteigende Slumbildung, die wiederum mit dem Ausbreiten von Infektionskrankheiten, Kriminalität und Hunger einhergeht. Es gilt also, der Klimaflucht entgegenzuwirken, um die Bildung weiterer unfruchtbarer Regionen, den Mangel an Nahrung, Slums und Massenmigration zu verhindern.

Darüber, dass etwas getan werden muss, bevor es zu spät ist, ist man sich einig. Über das “Wie” dagegen nicht: Reicht Deichbau gegen Überflutung oder nachhaltiges Wirtschaften, um die Desertifikation aufzuhalten? Wie soll der erwartungsgemäß steigende Ansturm von Flüchtlingen bewältigt werden? Wie passt sich die Entwicklungszusammenarbeit der sich stetig verändernden Situation in verwüstenden oder sinkenden Gebieten an? Um diese stetig wachsenden Herausforderungen zu meistern, ist es wichtig, schon jetzt dem Thema Aufmerksamkeit zu schenken, dafür zu sensibilisieren und Lösungsansätze zu diskutieren.

Ziele & Format

Dem Thema wollen wir durch die Schaffung einer Plattform für Diskussionen begegnen. Im Rahmen eines Wochenendseminars sollen sich Studierende dem Thema “Klimaflucht und ihre Folgen” nähern und gemeinsam mit Experten/innen Lösungsansätze diskutieren und weiterentwickeln.

Jeweils zehn Teilnehmer/innen aus Deutschland und aus Ländern des globalen “Südens”, die bereits heute von Klimaflucht betroffen sind, sollen an dem Symposium teilnehmen. Die ausländischen Teilnehmer befinden sich derzeit in Deutschland auf einem Austausch. Der akademische Hintergrund ist bunt gemischt. Dadurch soll eine multikulturelle, multidisziplinär ertragreiche und diverse Diskussion gefördert werden. Die Experten/innen kommen aus der Entwicklungspolitik, der technischen Entwicklungszusammenarbeit, der Privatwirtschaft und der Zivilgesellschaft. Ihnen allen ist gemein, dass sie beruflich mit Klimaflucht in Berührung kommen.

Das Wissen, das durch dieses Treffen generiert wird, soll helfen, Entwicklungszusammenarbeit im Zusammenhang mit Klimaflucht neu zu verstehen. Die Studenten/innen sowohl aus Deutschland als auch aus dem Ausland sollen durch die gewonnene Expertise neue Denkanstöße entwickeln, um vielleicht auch in ihrer Heimat erfolgreiche Projekte anzustoßen und eigenverantwortlich die Veränderung zu bringen, die durch den Klimawandel notwendig geworden sind.

Aufbau Junge EZ

INFORMIEREN:
Für eine ertragreiche Diskussion muss zunächst der Wissensstand angepasst werden. Den Teilneh-mern wird im Vorfelde ein Reader zur Verfügung gestellt. In ihm lässt sich grundlegenden Fragen, wie „Was ist Klimaflucht?“ oder „Was für Schwierigkeiten gibt es mit dem Begriff?“, beantworten. Am Freitagabend wird mit einem Einstiegsvortrag das Thema aus wissenschaftlicher Sicht umrissen. Samstagvormittag werden die ExpertenInnen die verschiedenen Probleme der Klimaflucht aus ihrer Sicht und Lösungsansätze ihrer Bereiche darstellen. Sonntagvormittag soll des Weiteren ein Ausblick auf die zukünftige deutsche Entwicklungspolitik gegeben werden.

DISKUTIEREN:
Noch wichtiger als die Aufnahme von Information ist aber an diesem Wochenende das kritische Hinterfragen der vorgetragenen Ergebnisse: Nach jedem Vortrag gibt es die Möglichkeit, die Konzepte, die vorgestellt wurden, zu diskutieren: Ist die Projektarbeit der deutschen technischen Entwicklungszusammenarbeit an die besondere Situation der Klimaflüchtlinge angepasst? Helfen Ansätze wie Mikrofinanzierung Klimaflucht entgegenzuwirken? Können Graswurzelorganisationen etwas bewirken? Gleichberechtigt soll allen Teilnehmenden – Studierenden wie Experten – die Möglichkeit gegeben werden, die bisherigen Lösungsansätze offen zu diskutieren.

WEITERENTWICKELN:
Kritisieren ist einfacher als Bessermachen. Deswegen wollen wir im letzten Schritt in drei Kleingruppen die bestehenden Lösungsansätze der drei Bereiche technische Entwicklungszusammenarbeit, wirtschaftliche Unternehmen und Zivilgesellschaft weiterentwickeln. Die ExpertInnen werden hierbei unterstützend zur Seite stehen. Es soll auch Raum für die Erstellung völlig neuer, innovative Konzepte geben. Zeitlich soll dafür der Samstagnachmittag zur Verfügung stehen. Am Abend sollen die Ergebnisse erstmals im Plenum diskutiert werden. Sonntags wird aufbauend auf die Ergebnisse ein Thesenpapier erstellt, welches Entscheidungsträgern zum einen den Eindruck einer kulturell und wissenschaftlich diversen jungen Perspektive in der Entwicklungszusammenarbeit vermitteln, zum anderen innovative Lösungsvorschläge unterbreiten soll.

Perspektive & Vision

Das Symposium zeichnet sich nicht nur durch die inter- und multidisziplinäre Diskussion sowie die Multikulturalität aus, welche sich aus den verschiedenen Perspektiven der ExpertInnen sowie der TeilnehmerInnen ergeben. Für die Studierenden selbst bestimmen besonders vier Elemente den Outcome des Seminars: Durch die multikulturelle Zusammensetzung der TeilnehmerInnen ergibt sich die Chance einiger interkultureller Lernerfahrungen und die Übung in Kommunikation, Toleranz und Perspektivenwechsel. Die TeilnehmerInnen haben außerdem die Möglichkeit, über das Seminar hinaus Kontakte zu anderen an Klimaflucht und EZ Interessierten Studierenden wie Berufstätigen zu knüpfen und gemeinsam Projekte anzustoßen. Sie gewinnen Expertise in Sachen umweltbedingte Migration/Klimaflucht, die sowohl für ihre eigene berufliche Zukunft, von Belang sind, egal ob ihr Heimatland im globalen “Norden” oder “Süden” liegt, aber besonders auch für ihr Umfeld, wenn sie als MultiplikatorInnen ihr Wissen weitertragen.

Aber nicht nur für die Teilnehmenden selbst stellt dieses Seminar eine Bereicherung dar, sondern auch für mehrere Bereiche der Gesellschaft: Das Thesenpapier, das während des Seminars und im Anschluss daran erstellt wird, soll Entscheidungsträgern in Politik/staatlicher EZ (BMZ, GIZ) wie auch Wirtschaft (die CSR-Abteilungen der beteiligten Unternehmen wie auch möglicherweise weiteren Interessierten) und Zivilgesellschaft (VENRO, Brot für die Welt) einen Einblick in die junge Perspektive in der EZ ermöglichen wie auch innovative Lösungsvorschläge unterbreiten. Die Teilnehmenden werden durch das Seminar motiviert, selbst mehr Eigenverantwortung zu über-nehmen und sich in der Gesellschaft aktiv einzubringen. Am Samstagabend soll deswegen explizit Raum gegeben werden für eine Diskussion bezüglich der eigenen Rolle in Nord-Süd-Beziehungen, in der Welt und gerade in Bezug auf umweltbedingte Migration/Klimaflucht. Wir wollen damit Handlungsperspektiven aufzeigen und gemeinsam entwickeln. Die TeilnehmerInnen sollen das Seminar als Multiplikatoren verlassen: für das Thema Klimaflucht wie auch für ein grundsätzliches Verständnis gesellschaftlicher Verantwortung. Die Durchführung des Seminars wird somit nicht nur Gewinn für die TeilnehmerInnen selbst sein, sondern auch für die verschiedenen Kreise, denen sie zugehören.

Außerdem schließen wir bei einer erfolgreichen Durchführung dieser ersten Konferenz eine Weiterführung nicht aus: Sie könnte die erste einer Reihe Seminare zu Themen der Entwicklungszusammenarbeit sein, die AustauschstudentInnen mit deutschen Studierenden gemeinsam besprechen und aus denen sich vorher kaum abschätzbare, gewinnbringende Synergieeffekte ergeben.